Eine Kommentierung zur politischen Irrfahrt der CDU

Mit großem Verblüffen nehmen wir, die Junge Union im Kreisverband Rastatt, die Äußerungen der CDU zur Kenntnis, dass man „das Wahlziel klar erreicht habe und (…) klar stärkste Kraft wurde“. Im selben Atemzug wird zugleich die Partei der Grünen als künftiger Hauptgegner der Union ausgegeben, da diese am meisten von der Diskussion um Klima- und Umweltthemen der letzten Wochen profitiert haben, so die Lesart im Konrad-Adenauer-Haus. Was man erfolgreich mit der SPD praktiziert hat, soll nun auch bei den Grünen gelingen – Themenklau durch Nachahmung und Wählbarmachung bei Klimabewegten. Interessanterweise ein diametraler Widerspruch zur einmütigen Bekundung, dass man dies im bürgerlichen Spektrum rechts der Mitte auf gar keinen Fall tun dürfe. Wieder einmal wird mit zweierlei Maß gemessen. Aber dazu später mehr…

Ein weiterer Linksschwenk der Union ist für uns daher absehbar und wir fragen uns ernsthaft, ob die CDU grün hinter den Ohren geworden ist? Ist man allen Ernstes im Konrad-Adenauer-Haus nun nicht einmal mehr in der Lage Wahlergebnisse zu verstehen und einfachste Mathematik für deren Analyse anzuwenden?

Selbstverständlich wurde die CDU relativ gesehen klar stärkste Kraft, doch die Zersplitterung der Parteienlandschaft schreitet mit rasantem Tempo weiter voran. Diese Zersplitterung bedroht nicht nur die Mehrheitsfindung und Regierungsstabilität in unserem Land, sondern vielmehr den sozialen und politischen Zusammenhalt zwischen unseren Bürgerinnen und Bürgern. So sehen wir auch in unserem eigenen Wahlkreis, dass die CDU weithin sichtbar in großem Umfang Mandate in den Stadt- und Gemeinderäten verloren hat und sich eine herbe Ohrfeige von den Wählerinnen und Wählern eingefangen hat. Profitieren konnten hier allerdings vor allem bürgerliche Alternativen wie lokale Wählervereinigungen oder die Freien Wähler, die Grünen (maßgeblich durch ehemalige SPD-Wähler) oder – wie ebenfalls zu erwarten war – die AfD. Auch unsere eigenen, jungen Kandidaten, die die Zukunft unserer Partei bilden sollten, haben diese Ohrfeige abbekommen. Nun, nach verlorener Wahl, wird wieder einmal die Einigkeit beschworen und Abweichler als Störenfriede verschrien: Zeit für eine Wahlnachlese, um an Stelle unserer Mutterpartei, mit den zwei gängigsten Mythen der letzten Tage aufzuräumen.

I. Mythos: Die Grünen sind die neue Volkspartei – CDU nehme Dich in Acht!

Unsere Antwort: Ja, die Grünen scheinen die SPD als neue große Partei links der Mitte abgelöst zu haben und ihren Vorsprung gegenüber der SPD mit rasantem Tempo weiter auszubauen. Falsch ist aber, dass dies auf Kosten der CDU geschieht. Die Grünen gewinnen in den meisten Wahlkreisen in sehr ähnlichem Umfang bei ihren Wahlergebnissen hinzu, wie die SPD an Prozentpunkten verliert. Es findet also ein Stimmentausch links der Mitte statt. Was dies unmittelbar mit den Wählern in der Mitte oder dem konservativ-bürgerlichen Lager zu tun haben soll, kann uns bis heute keiner erklären.

Klar ist, dass selbstverständlich noch die Wanderungsbewegungen der klassischen Wechselwähler hinzukommen, die es bei jeder Wahl gibt – um diese soll nun der Kampf aus dem Adenauer-Haus eröffnet werden. Wieso eigentlich? Bilden Sie doch nicht einmal den größten Teil unserer Wahlverluste und wären im Wesentlichen sogar halbwegs verschmerzbar gewesen.

So profitierten die Grünen bei der Europawahl (neben den Abwanderungstendenzen von der SPD) nämlich vor allem indirekt von der Mobilisierungsschwäche und dem Vertrauensverlust der CDU im eigenen Lager. Dies ist daran erkennbar, dass laut Wahl-Analysen die CDU klar ihren größten Teil im bundesdeutschen Vergleich an die Nichtwählerschaft verliert – zum wiederholten Male. Es ist doch ganz einfach: Wo weniger Leute CDU wählen, beziehungsweise ehemalige CDU-Wähler gar nicht mehr wählen gehen, da ist der relative Kuchen der verbleibenden Wähler aller anderen Parteien natürlich umso größer – übrigens leider auch der der AfD. Unsere Nichtwähler waren jedenfalls offensichtlich der Meinung, dass die CDU nicht mehr wählbar sei, man zugleich die „Alternativen“ jedoch auch nicht möchte. Auch das kann man als Loyalitätsbeweis auffassen, nur eben nicht zur aktuellen Union. Beschreiben ließe sich dies auch als heimatlos gewordene CDU-Wähler, haben sie doch das letzte Mal noch CDU gewählt; knapp 50% unserer Wahlverluste übrigens. Ein bemerkenswerter Umstand, war doch die CDU seit Jahren stets mit einem sehr loyalen Wahlvolk gesegnet, dass sehr lange jede Pirouette mitgedreht hatte. Wir hören schon die Mahner schreien, dass dies aber vor allem die Rentner seien, man aber auf die Jugend zugehen müsse. Auch die hat, selbst nach dem großen Klimatheater der letzten Wochen, bei diesen Wahlen nicht für einen absoluten Zuwachs links der Mitte gesorgt, sind SPD und Grüne doch noch genauso groß wie vorher auch – Nur mit leicht verdrehten Zahlen! Glückwunsch sagen wir, die Wahlkampfstrategie der asymmetrischen Mobilisierung, welche vormals von der CDU gegen die SPD angewandt wurde, trifft nun die CDU wie einen Bumerang. Glaubwürdigkeit und Profil-Opportunismus schließen einander eben langfristig aus. Gut gepokert, aber jetzt möchten die Bürger Ergebnisse sehen.

II. Mythos: Rechts der Mitte können keine Wahlen gewonnen werden.

Unsere Antwort: Links aber auch nicht, gilt es doch festzustellen, dass Grüne (20,5%) und SPD (15,8%) sowie die Linke (5,5%) lediglich auf magere 41,8% bei der Europawahl kommen, wohingegen die traditionell eher im bürgerlichen Lager stehenden Parteien CDU (28,9%), FDP (5,4%) und die klar rechts stehende AfD (11%) zusammen auf satte 45,3% kommen – noch nicht empören, es folgt noch was... Kommunal betrachtet müsste man nämlich dieses eher konservativ-liberale Lager noch mit den Freien Wählern / lokalen Bürgervereinigungen verrechnen und wäre somit bei einem potentiellen Wähler-Pool der das bürgerliche Lager leicht zu einer absoluten Mehrheit führen würde – und das ohne die radikal-extremistischen Kräfte in der AfD, die könnte man nämlich leicht subtrahieren. Statt weiter links zu fischen, lautet unsere Devise daher der AfD nun ernsthaft den politischen Kampf anzusagen und zugleich moderate Bürgerliche, wie Freie Wähler oder Bürgervereinigungen, als kommunal klar erkennbare Alternativen im politischen Wettstreit zu stellen. Wir waren mal eine Partei die tief in Ihren Gemeinden, Städten und Kreisen verwurzelt war, diese Lücke haben nun bei der letzten Wahl nochmals in enorm erfolgreichem Ausmaß die Bürgerbewegungen und Freien Wähler gefüllt. Vergleicht man die Namen einiger äußerst erfolgreicher Bürgervereinigungen der sonntäglichen Kommunalwahl, müsste zumindest den CDU-Granden auffallen, dass dies in Masse ehemalige Mitglieder aus der eigenen Partei mit der Beschriftung „aus politischen Gründen ausgetreten“ sind. Interessanterweise sind diese nicht anschließend den Grünen oder Sozialdemokraten beigetreten, gibt es doch links der Mitte bereits genug wählbare Alternativen mit konstantem Wähleranteil. Absolute Zugewinne gab es, wie oben bereits angeführt, bei der Wahl nicht links der Mitte, sondern bei den bürgerlichen Alternativen.

Daher fordern wir: Schluss mit dem blinken nach Links und zurück zu glaubhafter, verlässlicher und bürgerlicher Politik die wieder Expertise in Wirtschafts- und Sicherheitsfragen, in Sozialpolitik und leistungsbereiter Bildungspolitik für sich beanspruchen kann. Schluss mit dem Drehen je nach Wetterlage und demoskopischen Prognosen. Wir fordern, dass die CDU auch wieder in der Lage sein muss medientechnisch unpopuläre Themenfelder auszufechten, den politischen Gegner – egal wo dieser steht – zu stellen und sich in politischer Verlässlichkeit üben sollte; auch wenn es weh tut. Bürger wählen eine Partei, weil Sie Erwartungen haben und hoffen, dass die Politik der gewählten Partei in einem verlässlichen Band bleibt und umgesetzt wird. Passt dieses Label auf die CDU noch?

Die CDU hat mit der Abkehr von Kernkraft, Wehrdienst, sicheren Grenzen oder ihrer wirtschaftlichen Kompetenz, sowie das im Stich lassen des eigenen Mittelstands konsequent ihren eigenen Markenkern verbrannt. Ja, diese Themen sind oftmals unpopulär, schwierig zu vermitteln und einen Blumentopf hat man auch nicht mehr dafür gewonnen, aber ständig die Themen zu Tauschen wie bei einer politischen „Reise nach Jerusalem“ führt nur dazu, dass am Ende zu wenige Stühle für zu viele Parteien da sind und die CDU, wenn die Musik aufhört zu spielen, auf dem Boden oder der politischen Zuschauertribüne Platz nehmen darf. Unsere deutlich verkleinerten Fraktionen im ganzen Land wissen wovon wir sprechen. Zugleich ist das Gezerre um die verbleibenden Stühle vorprogrammiert.

Wir wissen, dass dies mit den derzeitigen Verantwortungsträgern oder der Parteibürokratie auf Bundesebene nicht machbar ist, daher fordern wir für einen glaubwürdigen Wandel nicht nur die aufrichtige Bereitschaft zum Dialog auf Augenhöhe und die Bereitschaft sich kritisch mit unseren Punkten auseinanderzusetzen, sondern ebenfalls glaubwürdige personelle Konsequenzen, gibt das Adenauer-Haus doch inzwischen der Jungen Union die Schuld am Wahldebakel. Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit sind mit Teilen des aktuellen Personals daher nachweislich nicht mehr herzustellen, denn nicht die Ämter geben Personen Ansehen, sondern die Personen geben dem Amt das ansehen. Dieses Ansehen leidet schon seit geraumer Zeit in erkennbarem Ausmaß massiv.

Lasst uns anerkennen, dass sowohl die CDU, als auch die SPD sich bei ihrem unsäglichen Wettstreit in der Mitte selbst kannibalisieren. Lachende Gewinner sind ganz klar die bislang kleinen oder Randparteien auf der jeweiligen Seite des politischen Spektrums. So lange CDU und SPD ihre Kräfte in der Mitte bündeln und mit höchster Anstrengung auf gegenseitige Zerlegung aus sind, fehlen diese Anstrengungen links (SPD) und rechts (CDU) des politischen Spektrums, wodurch die immer stärker erkennbare Zersplitterung des Parteiensystems forciert wird. Um unserer demokratischen Verantwortung wieder gerecht zu werden und zum Schutz der Stabilität unseres politischen Systems, fordern wir ein Ende der auf asymmetrische Demobilisierung ausgerichteten Wahlkampfstrategien unserer Mutterpartei und das Ende des Linkstrends und Stopp der Übernahme linker Politikthemen in unserer Partei. Andernfalls kann weder die SPD, noch wir unsere Wahlergebnisse stabilisieren. Um nach Jahren der konsequenten Niederlagen den Trend umzukehren ist es aus unserer Sicht notwendig, dass wir als bürgerliche Kraft wieder stärkere Akzente auf bürgerliche Themen wie Wirtschaft, Innere Sicherheit und subsidiäre Bildungspolitik legen und glaubwürdiges Personal, mit Verlässlichkeit und Integrität bereitstellen.

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